19.02.2015 - 12:38 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna
«Werden uns gegen den Titel nicht wehren»

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Mit 20 Jahren gehörte Lena Lotzen zu den Leistungsträgerinnen des FC Bayern München, auch in der Nationalmannschaft hatte sie sich zu einer festen Größe entwickelt. Als Deutschland 2013 Europameister wurde, bestritt die Preisträgerin der Fritz-Walter-Medaille in Gold (2012) alle Spiele. Doch dann, im August des vergangenen Jahres, riss beim Training das Kreuzband in ihrem linken Knie. Ein halbes Jahr pausiert Lena Lotzen inzwischen.

Im Interview mit Christoph Mulitze hat sie darüber gesprochen, wann sie wieder auf den Platz zurückkehren möchte, ob sie noch damit rechnet, auf den WM-Zug aufspringen zu können und wo sie die Gründe für die erfolgreiche Saison ihres Vereins sieht.

Soccerdonna.de: Hallo Lena, erst einmal: Wie geht es Ihnen, wann sind Sie wieder am Ball?

Lena Lotzen: Ich trainiere wieder auf dem Platz. Es geht langsam voran, ich überstürze nichts. Es ist mein Ziel, in dieser Saison wieder spielen zu können.

Soccerdonna.de: Sie haben wegen des Kreuzbandrisses im Sommer in dieser Saison bisher kein einziges Spiel absolvieren können. Wie haben Sie die erfolgreiche Mannschaft von außen erlebt?

Lena Lotzen: Wir hatten im Sommer einen größeren personellen Umbruch, viele neue Spielerinnen sind dazu gekommen. Es war etwas überraschend, wie schnell die Mannschaft zusammengefunden hat. Das sieht von außen oft richtig gut aus.

Soccerdonna.de: Gab es ein bestimmtes Spiel, bei dem es besonders schmerzte, nicht mitspielen zu können?

Lena Lotzen: Es ist nie einfach, auf der Tribüne zu sitzen und nur zuschauen zu können. Die Mädels machen das gut. Aber gerade bei Hightlight-Spielen kam wirklich das eine oder andere Mal der Gedanke: Schade, eigentlich könntest du jetzt auch da unten stehen und mitspielen.

Soccerdonna.de: Der FC Bayern ist in dieser Saison, neben Wolfsburg, das einzige Team noch ohne Niederlage und der erste Jäger des Tabellenführers. Wie erklären Sie sich denn die Konstanz Ihres Vereins?

Lena Lotzen: Wir haben durch die neuen Spielerinnen unheimlich viel individuelle Klasse dazu bekommen, sind vor allem in der Breite qualitativ stärker geworden und können auch Ausfälle besser kompensieren. Unser Trainer kann dadurch auch viel rotieren, ohne dass das Niveau sinkt.

Soccerdonna.de: Wo muss sich Bayern noch verbessern, wo liegen Wolfsburg, Frankfurt und Potsdam noch eine Nasenlänge vorn.

Lena Lotzen: Wir sind Zweiter, deshalb sehe ich uns nicht unbedingt hinter Frankfurt und Potsdam. Wolfsburg ist eine andere Nummer. Der VfL hat eine Top-Mannschaft, die schon über Jahre in der Champions League und in der Bundesliga immer auf den Punkt da ist und kontinuierlich ihre Leistung abruft. Wir haben unsere Klasse noch nicht über eine längere Zeit bewiesen. Wir müssen erst noch zeigen, dass wir das auch können.

Soccerdonna.de: Gerade gegen kleinere Mannschaften habt ihr euch oft schwer getan.

Lena Lotzen: Früher ja, aber das haben wir in dieser Saison abgelegt. Sonst stünden wir in der Tabelle nicht da, wo wir stehen. Wir haben noch nicht verloren und nur dreimal unentschieden gespielt.

Soccerdonna.de: Was hat Sie in der Bundesliga-Vorrunde am meisten beeindruckt?

Lena Lotzen: Die Bedingungen und die Spielerinnen werden immer professioneller. Dadurch steigt die Leistungsdichte. Vier Mannschaften können in diesem Jahr Meister werden.

Soccerdonna.de: Wie halten Sie während Ihrer Verletzung den Kontakt zur Mannschaft?

Lena Lotzen: Ich trainiere seit fast einem halben Jahr nicht mehr zusammen mit der Mannschaft, da verliert man natürlich etwas den Kontakt zur Mannschaft, aber durch das Wintertrainingslager in Florida bin ich schnell wieder reingewachsen. Der Verein versucht alles, um die verletzten Spielerinnen bestmöglich einzubinden.

Soccerdonna.de: Es hat sich während Ihrer Abwesenheit möglicherweise auch eine neue Hierarchie gebildet.

Lena Lotzen: Sicher muss ich mich da erst mal unterordnen und meinen Platz in der veränderten Mannschaft finden, das ist klar. 

Soccerdonna.de: Es wird knapp, rechtzeitig bis zur WM noch fit zu werden und mit auf den Zug aufzuspringen. Ist das überhaupt noch realistisch?

Lena Lotzen: Ich denke schon. Auf jeden Fall ist das mein großes Ziel. Aber natürlich weiß ich, dass es optimal laufen und alles passen muss. Wie schnell finde ich wieder in den Rhythmus? Wie fit bin ich? Erstmal muss ich in der Bundesliga wieder Fuß fassen und mich in die Mannschaft spielen.

Soccerdonna.de: Hatten Sie denn während des vergangenen halben Jahres auch den Kontakt zur Bundestrainerin Silvia Neid gehalten?

Lena Lotzen: Ja, der Kontakt mit Frau Neid ist immer da. Wir haben uns auch auf den DFB-Marketingtagen gesehen oder bei Bundesligaspielen miteinander gesprochen.

Soccerdonna.de: Sie spielen seit früher Kindheit jeden Tag Fußball. Ist es nicht furchtbar langweilig gewesen, nicht trainieren zu können?

Lena Lotzen: Es waren ja nur die ersten sechs Wochen, in denen ich nichts machen durfte. Da bin ich auf Krücken gelaufen und war bei meiner Familie zu Hause in Würzburg. Dort habe ich mich mit Freunden von früher getroffen…

Soccerdonna.de: …was sonst zu kurz kommt?

Lena Lotzen: Genau. Und dann begann auch schon bald die Reha. Das ist zeitintensiver als Fußballtraining. Da ist jeder Tag gut ausgefüllt. Langeweile kam da nie auf.

Soccerdonna.de: Trotzdem bleibt auch noch Zeit zum Nachdenken. Kommt da auch mal der Gedanke, vielleicht nie mehr spielen zu können?

Lena Lotzen: Nein, der Gedanke war nie da.

Soccerdonna.de: Sie sind Profi und leben vom Fußball?

Lena Lotzen: Ja. Im Moment ordne ich alles dem Fußball unter.

Soccerdonna.de: Sie sind zwar erst 21, aber denken Sie auch schon mal an die Zeit nach dem Fußball?

Lena Lotzen: Ich bin jung und kann hoffentlich noch lange spielen. Aber natürlich denke ich auch an die Zeit nach dem Fußball. Ich studiere Sportwissenschaften am Standort Ismaning der Hochschule für Gesundheit und Sport in Berlin. Ich bin sportbegeistert und sehe irgendwo im Sport auch meine berufliche Zukunft. Außerdem absolviere ich gerade ein Praktikum bei der Allianz…

Soccerdonna.de: … einem Hauptsponsor des FC Bayern.

Lena Lotzen: Richtig. Das Praktikum dauert noch bis Ende März.

Soccerdonna.de: Um Sie etwas näher kennen zu lernen, ein paar Alternativfragen: Würzburg oder München?

Lena Lotzen: Würzburg.

Soccerdonna.de: Kondition oder Kraftraum?

Lena Lotzen: Hmm. Schwierig. Eher Kraftraum. Am liebsten aber Fußballplatz.

Soccerdonna.de: Kicker oder Sport-Bild?

Lena Lotzen: Kicker.

Soccerdonna.de: 4:3 oder 1:0?

Lena Lotzen: 4:3.

Soccerdonna.de: Helene Fischer oder AC/DC?

Lena Lotzen: Helene Fischer.

Soccerdonna.de: Geschichte oder Physik?

Lena Lotzen: Geschichte.

Soccerdonna.de: Bier oder Wein?

Lena Lotzen: Weder noch. Eher Wein, Bier mag ich gar nicht.

Soccerdonna.de: Schokolade oder Gummibärchen?

Lena Lotzen: Gummibärchen.

Soccerdonna.de: Pumps oder Sneakers?

Lena Lotzen: Sneakers.

Soccerdonna.de: Facebook oder Twitter?

Lena Lotzen: Facebook.

Soccerdonna.de: Sie haben mit 16 Jahren zum ersten Mal in der Bundesliga gespielt - können Sie sich daran noch erinnern?

Lena Lotzen: Natürlich, das war 2010 gegen Herford. Ich wurde eingewechselt.

Soccerdonna.de: Empfinden Sie deshalb eine besondere Sympathie für Ihren ersten Gegner, der ja in diesem Jahr wieder aufgestiegen ist?

Lena Lotzen: Nein. Da gibt es keinen Bezug. Ich habe auch seitdem nicht mehr gegen Herford gespielt.

Soccerdonna.de: Trotz der langen Verletzungspause kommen Sie mit 21 Jahren schon auf 66 Bundesliga-Partien. Haben Sie denn da einen Lieblingsgegner?

Lena Lotzen: Nein. Aber ich spiele gerne im Potsdamer Stadion. Dort ist die Stimmung immer gut, das ist cool.

Soccerdonna.de: Gibt es einen Spieler oder eine Spielerin, dem oder der Sie nacheifern?

Lena Lotzen: Früher fand ich Lira Bajramaj und Michael Ballack super. Heute würde ich, wie sehr viele, eher Ronaldo und Lionel Messi nennen.

Soccerdonna.de: Identifizieren Sie sich eigentlich mit den Männern des FC Bayern?

Lena Lotzen: Der FC Bayern ist mein Verein. Das ist seit Jahrzehnten eine Top-Mannschaft, die unzählige Titel gewonnen hat. Dennoch schaue ich lieber auf den Frauenfussball.

Soccerdonna.de: Bei den Männern verdienen viele Spieler Millionen, obwohl die auch nichts anderes machen als Ihr: trainieren und Fußball spielen. Empfinden Sie das manchmal als ungerecht?

Lena Lotzen: Auch wenn ich die extrem hohen Gehälter nicht für angemessen halte, hat der Männer-Fußball doch eine Sonderstellung. Man sollte hier keine Vergleich ziehen.

Soccerdonna.de: Warum kann der FC Bayern in diesem Jahr Deutscher Meister bei den Frauen werden?

Lena Lotzen: Unser Ziel ist, den Abstand zu den Top-Teams zu verringern. Wenn es am Ende aber die Meisterschaft werden sollte, werden wir uns auch nicht dagegen wehren.

Soccerdonna.de: Vielen Dank für das Gespräch, Lena, und weiterhin gute Genesung.

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