20.06.2019 - 11:08 Uhr | News | Quelle: dpa
«Unnormal krass» - Spätberufene «Maschina» Hegering genießt die WM

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©SGS/Gehrmann
Dass sie in Frankreich dabei ist, ist für Marina Hegering selbst ein kleines Wunder. Nach einer unglaublichen Verletzungsgeschichte sprang die Essenerin als eine der Letzten auf den WM-Zug. Nach fast sechs Jahren ohne Fußball genießt die 29-Jährige jede Minute.

Sie ist die Spätberufene und geht doch schon wieder vorneweg. Erst elf Tage vor ihrem 29. Geburtstag feierte Marina Hegering ihr Länderspiel-Debüt in der Frauen-Nationalmannschaft beim 2:1-Sieg Anfang April in Schweden. Schon nach wenigen Monaten ist die Innenverteidigerin aus der deutschen WM-Elf nicht mehr wegzudenken. «Dieses Jahr hat unnormal krass begonnen. Dass ich nun die WM spiele, ist eigentlich unbegreiflich. Für mich ist das alles ein Bonus», sagt Hegering der Deutschen Presse-Agentur. «Ich genieße es sehr und nehme alles mit. Ich hoffe, dass ich dem Team weiterhelfen kann.»

Mit der Erfahrung von drei Länderspielen reiste die in der Fußball-Bundesliga für die SGS Essen spielende Hegering nach Frankreich. In den drei Vorrundenspielen gegen China (1:0), Spanien (1:0) und Südafrika (4:0) versäumte sie keine Spielminute und organisierte die Abwehr umsichtig. Noch hat die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg kein Gegentor kassiert, steht im Achtelfinale am Samstag (17.30 Uhr/ARD) in Grenoble.

Dass Hegering überhaupt wieder Fußball spielen kann, und das auf internationalem Topniveau, gleicht einem Wunder. Dabei war sie 2010 bei der U20-WM in der Heimat schon DFB-Spielführerin und gewann unter anderen mit Alexandra Popp und Dzsenifer Marozsan den Titel. Hegering galt als Megatalent. Nun strebt sie mit einem Teil dieser Generation nach dem großen Coup bei den Frauen. «Wir haben durchgezählt», sagt sie schmunzelnd, «und sind auf sieben U20-Weltmeisterinnen gekommen. So fiel mir die Eingewöhnung jetzt auch nicht schwer.»

Kurz nach dem vielversprechenden Triumph machte ihr eine Fersenverletzung so zu schaffen, dass ihr Karriereende drohte. «Ich musste operiert werden. Nach mehreren Operationen gab es Wundheilungsstörungen, die sich nicht besserten», berichtet Hegering. Über fast sechs Jahre zog sich ihre Leidensgeschichte, an Fußball war nicht zu denken. In den ersten Jahren konnte sie nicht mal einen Comebackversuch starten. «Dann kam eine Phase, wo ich mal ins Training rein bin, aber das hat auch nicht zu hundert Prozent funktioniert.» Zwar machte sie zwischenzeitlich einige Spiele für Essen. «Aber das waren Eintagsfliegen.»

Halt fand sie bei ihrer Familie und ihren Freunden. Gleichwohl «müsste ich lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte da nie dran gedacht aufzuhören», räumt Hegering ein. Ihren Fokus legte sie zwangsweise auf andere Dinge. «Das Berufliche war meine erste Priorität.» Das lenkte sie ab, genauso wie das Gitarrespielen. Auch bei der WM schleppt sie das Musikinstrument mit sich. Dann nahm sie ein Sportstudium an der Deutschen Sporthochschule in Köln auf. «Das hat semi gut geklappt mit der Verletzung.» Also schloss sie eine kaufmännische Ausbildung ab, in dem Bereich arbeitet sie noch immer.

Gleichwohl ließ der Fußball sie nie los. Und ihre Beharrlichkeit und ihr Fleiß wurden doch noch belohnt. Als ihr im Februar die Einladung vom DFB ins Haus flatterte, war es ein «Glücksgefühl», das sich mit der WM-Nominierung noch steigerte. Nicht zuletzt deshalb genießt sie jede Minute auf dem Platz, ob im Training oder im Spiel. «Ich habe nach der ganzen Verletzungszeit eigentlich nur gehofft, noch einmal Bundesliga spielen zu können. Es war nie ein erklärtes Ziel, in die Nationalmannschaft zu kommen», betonte Hegering, der beim 4:0 gegen Südafrika beinahe sogar ihr erstes WM-Tor geglückt wäre.

Ihre Innenverteidiger-Kollegin und Zimmergenossin Sara Doorsoun, die sie noch aus der gemeinsamen Zeit in Essen kennt, verpasste ihr bei einem Workshop einen eigentlich nicht so schmeichelhaften Spitznamen: «Maschina.» Weil Marina über eine unglaubliche körperlichen Fitness verfüge, erläutert Doorsoun. «Und außerdem reimt es sich.» Hegering sieht auch das gelassen: «Wir verstehen uns sehr gut. Von daher überhaupt kein Problem.»

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