23.09.2012 - 22:14 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna | von: Chefredakteur
US-Profiliga: «Die Zeit ist knapp»

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Die Hoffnung auf eine reine Frauenfußball-Profiliga stirbt in den USA wohl nie. Erst scheiterte 2009 die Women's United Soccer Association (WUSA), dann musste man 2011 den Nachfolger Women's Professional Soccer (WPS) begraben. Das Erbe trat in der vergangenen Saison die semiprofessionelle Liga WPSL Elite an. Jerry Zanelli, der Ligapräsident, plante derweil schon die WPSL Elite 2013 mit weiteren Clubs (SD berichtete).

«Man muss so etwas behutsam aufbauen und prüfen, welche Clubs die Voraussetzungen mitbringen, längerfristig ganz oben mitspielen zu können», ließ Zanelli noch vor einigen Wochen verlauten, sähte aber Hoffnung, «eine WPSL Elite Liga 2013 mit zehn Clubs ist durchaus denkbar und realistisch.» Doch ist oben bald wieder nur zweite Wahl?

Der US-Fußballverband lud am 18. September nahezu alle Interessenten an einer neuen Frauen-Profiliga zum Fachgespräch nach New York City ein. Einige Wochen zuvor gab es bereits eine interne Verbandsdiskussion, in die auch die Nationalspielerinnen mit einbezogen wurden, um auszuloten, was es braucht, um eine mögliche Liga für nationale und internationale Topspielerinnen wieder attraktiv zu machen. Danach traf man sich mit möglichen Investoren, um zu prüfen, ob und wie die gemeinsamen Vorstellungen finanziell zu tragen seien.

Dann kam es zum «Elefantentreffen» der Vertreter vergangener und aktueller Amateur-, Semipro- und Pro-Ligen aus den USA und Kanada im MLS-Hauptquartier in Manhattan. «Wir hatten heute ein Treffen mit einer Reihe potentieller Investoren und Funktionären für eine neue Liga, zusammen mit Vertretern der USL (United Soccer League) und den Nationalen Verbänden der USA und Kanada», sagte US-Verbandspräsident Sunil Gulati gegenüber den Medienvertretern. «Wir arbeiten an vielen Fronten, um zu sehen, ob es für 2013 möglich ist eine Profi-Liga aufzubauen.»

Fronten ist vielleicht das richtige Stichwort, oder wie lässt sich erklären, dass die Vertreter der WPSL - wie Jerry Zanelli - offensichtlich nicht mit von der Partie waren. Die Ziele des WPSL-Präsidenten sind vermutlich andere als die von Verbandspräsident Gulati. Dieser will das Ligensystem auf die US-Nationalkader zuschneidern: «Wir müssen eine Win-win-Situation schaffen, in der die Liga von vielen Nationalspielerinnen profitiert und die umgekehrt das Nationalteam trägt.»

In der vergangenen Saison spielten einige Nationalspielerinnen nach dem Bekanntwerden der Auflösung der WPS in der W-League, andere spielten für Teams in der WPSL, manche blieben ohne Kontrakt und hielten sich für die Olympischen Spiele bei unterklassigen Clubs oder Collegeteams fit, wenige US-Spielerinnen fanden den Weg in ausländische Ligen. Diese Nationalverbundenheit, kombiniert mit dem hervorragenden Abschneiden des Teams USA bei den Olympischen Spielen in London, will Gulati nutzen, um eine unvergleichlich stärkere Liga zu schaffen, gespickt mit Nationalspielerinnen aus allen Ländern. Gulati: «Sie wird sicher stärker als die WPS werden, und ich würde sie nicht mit der WPSL oder W-League vergleichen wollen.»

Gewollt oder nicht - mit diesen Worten steht Gulati natürlich ab jetzt gehörig unter Druck, aus der Asche der vergangenen Ligen eine Überflieger-Liga zu generieren. Diese Liga will er um Teams wie Boston Breakers, Sky Blue FC, Chicago Red Stars und einem noch nicht benannten Team aus Seattle aufbauen. Dort ist man bereits mit Investoren und Besitzern im Gespräch. Den aktuellen Champion der vergangenen Jahre, Western New York Flash, zählt der Präsident des amerikanischen Fußballverbands dabei nicht auf.

Wird diese Liga definitiv kommen und im Frühjahr 2013 starten? «Da gibt es definitiv noch keine Neuigkeiten zu diesem Zeitpunkt. Die Zeit ist knapp, aber wir werden hart arbeiten und schon bald sehen, ob das Projekt realisierbar ist», so Gulati eher verhalten. «Ich rechne aktuell mit einer Größe von acht bis zehn Teams, wobei ein Team vielleicht aus Kanada kommen wird. Die Liga könnte dann von Mai bis September laufen, wie bereits die Vorgängerligen. Das Wirtschaftliche muss natürlich anders aussehen, wir müssen die Basis mehr in die Entwicklung einbeziehen, wenn wir nicht früh wieder in einer Todesspirale enden wollen», sagt Gulati.

Die geplante Expansion über die Grenzen scheint sich also in Grenzen zu halten. Im Gegensatz dazu spielen die USL W-League und die College-Ligen bereits grenzübergreifend mit kanadischen Teams, auch die MLS hat den Weg nach Kanada bereits beschritten.

Kenner der US-Fußballszene warnen vor einer kostspieligen neuen Liga und befürworten ein vorsichtiges Aufbauen. Soccer Wire fordert sogar, dass die Gehälter von Nationalspielerinnen zum Teil oder ganz von den jeweiligen Nationalverbänden übernommen werden sollen.



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