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24.12.2025 - 12:30 Uhr | News | Quelle: sd | von: Emilie Bitsch
Türchen Nummer 24: Mia Hamm – Das Fundament einer neuen Ära

©IMAGO
Ein Moment, der größer wurde als das Spiel
Pasadena, Kalifornien, Juli 1999. Über 90.000 Menschen füllen das Rose Bowl Stadium, Millionen verfolgen das WM-Finale vor den Bildschirmen. Die USA gegen China, Elfmeterschießen. Als Brandi Chastain später ihr Trikot auszieht, wird dieses Bild zur Ikone. Die, die sich im amerikanischen Frauenfußball oder den WM-Geschichten gut auskennen, sehen auch dieses Bild direkt vor Augen. Doch der Weg zu diesem Moment führt über eine Spielerin, die nie das Rampenlicht suchte und dennoch darinstand: Mia Hamm. Sie hatte das Spiel geprägt, Räume geöffnet, Verteidigerinnen gebunden. Nicht laut, nicht spektakulär, aber unübersehbar.
Auch beim Elfmeterschießen zeigt sie wieder einmal ihre persönliche Stärke: Führung übernehmen in unfassbarer Ruhe. Ihr Elfmeter-Treffer bringt die zwischenzeitliche Führung: Schneller Anlauf, harter aber präziser Schuss ins untere rechte Eck. Unhaltbar für die chinesische Torhüterin Gao Hong. Der eigentliche Moment folgt nach dem Schuss. Hamm rennt zu ihrem Team, jubelt und feiert mit ihnen gemeinsam über diese Führung. Nicht alleine, sondern gemeinsam. Es zeigt, wie mannschaftsdienlich und wichtig sie für das Team war.
Dieses Finale wurde zum unüberhörbaren Wendepunkt des Frauenfußballs. Und Mia Hamm war sein leiser Mittelpunkt.
Ein Ausnahmetalent ohne Umwege
Mariel Margaret Hamm wurde in Selma, Alabama, 1972 mit einer Fehlstellung, die ihre sportliche Zukunft eigentlich hätte verhindern können, einem Klumpfuß geboren. Es ist eine häufig angeborene Fehlstellung, die bei Hamm operativ berichtigt werden musste. Die schon damals ehrgeizige junge “Mia”, wie sie von allen genannt wird, ließ auch so einen Schicksalsschlag nicht auf sich sitzen und probierte sich trotzdem sportlich aus. Aufgrund des Jobs ihres Vaters, er arbeitete beim Militär, reisten sie als Familie viel – auch nach Europa. In Italien konnte sich Vater Hamm für Fußball begeistern und steckte damit auch seine Tochter an. Von dort aus startete eine Karriere, bei der keiner damals geglaubt hat, dass sie so erfolgreich enden wird.
Mia Hamm debütierte mit 15 Jahren in der US-Nationalmannschaft im Spiel gegen China – nicht als Versprechen, sondern als fertige Spielerin. Die Stürmerin war damit die jüngste Debütantin der US-Geschichte. Früh zeigte sich, was ihre Karriere prägen sollte: Spielintelligenz, Tempo, ein präziser Abschluss und ein tiefes Verständnis für Räume. An der University of North Carolina gewann sie vier National-Collegiate-Athletic-Association-Titel und formte dort ihr Spiel zwischen Individualität und Teamdenken. Schon damals war klar: Hamm spielte nicht, um aufzufallen. Sie spielte, um zu dominieren. In ihrer Zeit beim College stellte sie außerdem einen Rekord auf: Mit den Tar Heels war sie 95 Spiele in Folge ungeschlagen.
In North Carolina spielte die heute 53-Jährige bis zu ihrem Abschluss und kam dann nur für die US-amerikanische Nationalmannschaft zum Einsatz. Bis 2001 gab es in den USA keine Profiliga, wo Hamm sich hätte weiterentwickeln und fit halten könnte. Heutzutage kann man es sich nicht vorstellen, dass man nur in der Nationalmannschaft spielte, ohne auch im Vereinsfußball tätig zu sein. Gerade bei einer Spielerin ihres Formats zeigt das, wie wenig professionelle Strukturen es damals selbst in den USA gab.
Von 2001 bis 2003 spielte sie in der neu gegründeten Women’s United Soccer Association (WUSA) bei den Washington Freedom, in der sie in der letzten Saison gar die Meisterschaft holte. Danach wurde die Liga wieder eingestellt.
Die goldene Generation der USA
Mit der Nationalmannschaft gewann Mia Hamm zwei Weltmeisterschaften (1991, 1999) und zwei olympische Goldmedaillen (1996, 2004). Sie erzielte in 276 Länderspielen 158 Tore – ein Rekord, der über ein Jahrzehnt Bestand hatte. Außerdem hält sie weiterhin die Rekorde mit den meisten Assists (145) und den meisten Hattricks (8). Doch ihre Bedeutung geht über Zahlen hinaus. Die „99ers“ wurden zu einem kulturellen Phänomen, das den Frauenfußball in den USA nachhaltig veränderte. Stadien füllten sich, Mädchen bekamen Vorbilder, der Sport bekam eine Bühne. Mia Hamm war das Gesicht dieser Entwicklung, ohne sie je für sich zu beanspruchen.
2001 und 2002 erhielt sie von der FIFA den Titel zur Weltfußballerin des Jahres. Eine Wertschätzung, die zeigte, was Hamm alles für den Frauenfußball getan hatte.
Spielstil statt Show
Hamm war keine klassische Dribblerin, keine Provokateurin, keine Lautsprecherin. Ihr Spiel lebte von Timing, Übersicht und Effizienz. Sie wusste, wann sie beschleunigen musste und wann ein Laufweg mehr wert war als ein Tor. Als Stürmerin arbeitete sie für das Team, ließ sich fallen, schuf Räume für andere. Führung bedeutete für sie Verantwortung, nicht Inszenierung. Gerade diese Haltung machte sie für Mitspielerinnen so wertvoll und für Gegnerinnen so schwer zu greifen.
Dass sie sich für nichts zu schade ist, zeigte sie bei der WM 1995: Im Gruppenspiel gegen Dänemark erhielt US-Torhüterin Briana Scurry kurz vor Schluss eine rote Karte, es konnte auch nicht mehr gewechselt werden. Hamm übernahm die Verantwortung, zog sich die Handschuhe von Scury an und hütete das Tor der Amerikanerinnen für die letzten fünf Minuten. Dabei konnte sie sogar zwei Torschüsse abwehren und das 2:0-Endergebnis halten. Die vermeintliche Stürmerin ist bislang die einzige Feldspielerin, die ein Tor bei einer WM hütete.
Symbolfigur ohne Aktivismus
Im Vergleich zu späteren Generationen war Mia Hamm keine politische Stimme. Sie protestierte nicht, sie polarisierte nicht. Und dennoch war sie eine der wirksamsten Figuren des Frauenfußballs. Durch ihre Präsenz in Werbekampagnen, Medien und öffentlichen Debatten wurde sie zur Normalisierung weiblicher sportlicher Exzellenz. Nike stellte einen speziellen Schuh her, den “Air Zoom M9” und benannte auch ein Firmengebäude in ihrer Zentrale nach ihr.
Dieser Boom kam aber vor allem durch den Gewinn der WM 1999 in ihrem Heimatland. Hamm selbst blickt gerne darauf zurück und erzählte beim Treffen der Olympischen Familie im FIFA-House: “Die Menschen wussten, wer wir waren. Sie kannten unsere Vor- und Nachnamen und wollten unbedingt dabei sein und unser Team und den Fußball unterstützen.“
Sie bewies, dass Frauenfußball nicht erklärt werden muss, wenn er auf höchstem Niveau gespielt wird. Hamm ebnete den Weg, auf dem andere später laufen werden konnten.
Hamm ist eben durch diese “Nebenauftritte” die bekannteste Fußballspielerin ihres Landes.
Neben dem Fußballspielen rief die US-Amerikanerin im WM-Jahr 1999 eine Stiftung ins Leben: Die Mia-Hamm-Stiftung ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf Knochenmarkerkrankungen spezialisiert, nach Mitteln forscht und Aufmerksamkeit für dieses Thema schafft. Der Grund für diese Spezialisierung ist der frühe Tod ihres Bruders zwei Jahre zuvor, der aufgrund von Komplikation im Zusammenhang mit einer aplastischen Anämie verstarb. Neben der Knochenmarkerkrankung setzt sich ihre Stiftung auch für mehr Möglichkeiten für Mädchen und Frauen im Sport ein.
Abschied und Vermächtnis
2004 beendete Mia Hamm ihre Karriere nach olympischem Gold in Athen. Sie hinterließ Rekorde, Titel und vor allem Strukturen. Ohne sie gäbe es vieles nicht: die Popularität des US-Frauenfußballs, die wirtschaftliche Grundlage, die globale Wahrnehmung. Spielerinnen wie Abby Wambach, Alex Morgan oder Megan Rapinoe stehen auf einem Fundament, das Mia Hamm mit aufgebaut hat.
Mehr als eine Legende
Mia Hamm war nie die Lauteste. Nie die Provokanteste. Aber vielleicht die Entscheidendste. Sie öffnete Räume, in denen andere wachsen konnten. Und zeigte, dass Größe manchmal genau darin liegt: den Weg so zu gehen, dass viele folgen können.
Sie legte den Grundstein für den Frauenfußball, wie wir ihn heute kennen.
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