03.12.2025 - 11:30 Uhr | News | Quelle: DFB | von: lb
Türchen Nummer 3: Birgit Prinz – Immer mehr als das, was zählte

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©TSG Hoffenheim
Kaum eine andere Figur steht so sehr für den erfolgreichen deutschen Frauenfußball wie Birgit Prinz. Ihre Vereins- und DFB-Rekorde hallen bis heute nach sei es bei einer EM-, WM- oder Champions-League. Dabei war sie immer mehr als ihre Tore und Zahlen.

Luciano Gaucci war eine jener italienischen Fußballfiguren, bei denen man nie genau wusste, wo die Extravaganz endete und der reine Wahn begann: Unternehmer, Selbstdarsteller, Klubpräsident. Gemeine Zungen würden gar sagen: ein Mini-Berlusconi. 2003 kam Gaucci auf eine seiner schillerndsten Ideen als Besitzer des Serie-A-Klubs AC Perugia: Er wollte Birgit Prinz verpflichten. Für das Männerteam. In der höchsten italienischen Spielklasse.

Prinz neben dem Diktatoren-Sohn

Tatsächlich traf sich die damalige DFB-Starstürmerin mit dem Präsidenten, der kurz zuvor den Sohn des libyschen Staatschefs Gaddafi ins Team geholt hatte. Und Gaucci blieb sich treu, als er über die Stärken der Stürmerin sprach: „Sie sieht gut aus, hat einen tollen Körper, und als Fußballerin ist sie sehr tüchtig“, sagte er der Presse. Ein Satz, der sein Fußballverständnis womöglich präziser beschrieb als jede Tabellenplatzierung.

Prinz durchschaute alsbald den PR-Coup. Und blieb sich, wie so oft in ihrer Karriere, dem treu, was wirklich zählte: dem 1. FFC Frankfurt, der Stadt am Main, in der sie eigentlich fast ihr ganzes Fußballleben verbrachte.

Rekord über Rekord

Wer verstehen will, welche Bedeutung Birgit Prinz für den deutschen Fußball hatte, kann sich natürlich ihre Erfolge ansehen. Eine Anzahl, die schon beim Aufzählen erschlägt: Dreimal FIFA-Weltfußballerin. Zweimal Weltmeisterin. Fünfmal Europameisterin. Achtmal Deutschlands Fußballerin des Jahres. Rekordtorschützin bei Weltmeisterschaften – und das lange mit weitem Vorsprung. Drei Olympische Medaillen. 128 Treffer im Nationaltrikot, 214 Länderspiele – beides DFB-Rekorde zum Zeitpunkt ihres Rücktritts, geschlechterübergreifend. Viermal Torschützenkönigin der Bundesliga, neunmal deutsche Meisterin, zehnmal DFB-Pokalsiegerin, dreimal Siegerin im UEFA Women’s Cup. Und selbst das ist nur eine Auswahl.

Doch Prinz lässt sich nicht über Zahlen begreifen. Wenn die gebürtige Frankfurterin für den 1. FFC Frankfurt oder das DFB-Team auflief, bedeutete das mehr als prognostizierbare Tore. Es war diese unerschütterliche Ruhe, die Selbstverständlichkeit des Siegens, die körperliche Präsenz ohne Attitüde. Ein Gefühl von: „Es wird schon gutgehen.“ Nicht, weil Deutschland traditionell stark war, sondern weil Birgit Prinz auf dem Platz stand. Nur wenige Spielerinnen haben im DFB-Trikot jemals ein ganzes Team, manchmal ein ganzes Turnier, so getragen. Ja, sie wurde zum Synonym für den Frauenfußball eines Landes.

Endlich Ruhe

Mit ihrem Karriereende 2013 kehrte um Birgit Prinz eine Stille ein, die ihr offenkundig lieber war als das grelle Scheinwerferlicht, das in den Monaten vor der Heim-WM 2011 unerbittlich auf sie einbrach. Nach dem frühen Ausscheiden und dem „unrühmlichen“ Ende ihrer DFB-Karriere wurde Prinz noch einmal zur Projektionsfläche für Erwartungen, Enttäuschungen und Spekulationen. Kameras, Interviews, Fototermine – ein Dauerfeuer, das sie bereits da mit einer „Hetzjagd“ verglich.

Prinz war nie die Spielerin, die das Rampenlicht suchte. Sie wollte über fast zwei Jahrzehnte eigentlich nur das Offensichtliche: einfach Fußball spielen.

Entsprechend verschwand sie nach dem letzten Profi-Spiel nicht aus dem Sport, aber aus der Öffentlichkeit. Sie machte ihren Abschluss in Psychologie, arbeitete ab 2012 bei der TSG Hoffenheim – ihrem letzten kurzen Karrierehalt – und begleitete später DFB-Teams bei der WM 2019 und der EM 2022. Sie blieb dem Fußball also erhalten, allerdings in einer Rolle, die ihr näherkommt: als Vorbild eher durch das, was sie war, als durch das, was sie sagte.

Ein Vorbild, das bleibt

Birgit Prinz’ Einfluss zeigt sich vor allem daran, was nach ihr kam. Als sie Mitte der 90er ins Nationalteam rückte, war der Frauenfußball in Deutschland zwar existent, aber kaum mehr als eine Randnotiz. Prinz gab ihm ein Gesicht, das man nicht mehr übersehen konnte – ohne selbst großen Wert auf Rückblicke zu legen. Auf die Frage, wie ihr Leben ohne Fußball verlaufen wäre, sagte sie einmal schlicht: „Ich bin niemand, der in ‘Hätte’, ‘Wenn’ und ‘Aber’ denkt.“

Andere formulierten es deutlicher. Abby Wambach bewunderte sie „seit ich mich mit Profi-Fußball beschäftige“. Christine Sinclair nannte sie eine „Pionierin des Frauenfußballs“. Svenja Huth verfolgte ihre Karriere „seit ich etwa zwölf war“.

Prinz stand für einen Stil, der bis heute wirkt: kraftvoll, schnörkellos, ohne Show. Eine Haltung, die half, den Frauenfußball in Europa als echten Hochleistungssport sichtbar zu machen – nicht als Nebenprogramm. Und manchmal brachte sie es selbst am klarsten auf den Punkt: „Wir diskutieren nicht ewig über Schiedsrichterentscheidungen oder machen lange Schwalben.“

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