Blick nach Skandinavien – Trainerin Mari Savolainen über Finnland, Hope Powell als Mentorin und Britta Carlson


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Blick nach Skandinavien – Trainerin Mari Savolainen über Finnland, Hope Powell als Mentorin und Britta Carlson |  Startbeitrag 27.11.2025 - 15:08
  emiliebitsch
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Seit über 15 Jahren prägt Mari Savolainen den skandinavischen Frauenfußball – als Jugendtrainerin, Scout, Akademieleiterin und Assistenzcoach. Sie arbeitete für das finnische Nationalteam und den FC Nordsjælland in Dänemark. Als Teilnehmerin des UEFA-Mentoring-Programms wurde sie von Englands Trainer-Ikone Hope Powell gefördert, während sie sich mit Britta Carlson, der heutigen Coachin des 1. FC Köln, austauschte. Im Gespräch mit Soccerdonna spricht Savolainen über grenzübergreifendes Lernen, strukturelle Hürden in Finnland und den Traum von der Champions League.


Soccerdonna: Mari, du hast am Mentorenprogramm der UEFA für Trainerinnen teilgenommen. Was genau beinhaltet das?


Mari Savolainen: Es wurde entwickelt, um Trainerinnen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Jeder Fußballverband in Europa kann eine Trainerin nominieren, doch nur zehn Mentees werden ausgewählt. Das Programm dauert 18 Monate, daher ist ein hohes Maß an Kommittent erforderlich. Man kann auch angeben, welches Profil die Mentorin haben soll. Ich habe um jemanden gebeten, der auf höchstem Niveau gecoacht hat und hatte das Glück, Hope Powell zu bekommen.


Soccerdonna: Das ist ein legendärer Name. Wie hat diese Verbindung deine Arbeit als Trainerin geprägt?


Mari Savolainen: Hope war großartig. Sie hat mich während der gesamten 18 Monate unterstützt und ist sogar zweimal nach Finnland gekommen. Sie hat meine Trainingseinheiten besucht, selbst eine geleitet, meine Vorgesetzten getroffen und mein Team beim Spielen beobachtet. Es hat mir sehr viel bedeutet, dass jemand mit ihrer Erfahrung so viel Zeit investiert hat. Wir stehen auch heute noch in Kontakt.


Soccerdonna: Gab es eine bestimmte Lektion von ihr, die dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?


Mari Savolainen: Als sie nach Finnland kam und eine meiner Trainingseinheiten leitete, wurde mir bewusst, wie wirkungsvoll ihre Kommunikation war. Sie versuchte nicht, mich zu verändern, sondern half mir, mich selbst als Trainerin besser zu verstehen. Zu sehen, wie sie mit Spielerinnen arbeitete, die sie noch nie zuvor getroffen hatte, war eine Lehrstunde in Sachen Führungsqualitäten.


Soccerdonna: Du hast auch Britta Carlson getroffen, die Teil derselben UEFA-Gruppe war, nicht?


Mari Savolainen: Ja, wir haben uns während der Workshops in Nyon kennengelernt. Britta und ich haben uns intensiv darüber unterhalten, welche Art von Coaches wir sein wollen und für welche Werte wir stehen. Obwohl sie damals für die deutsche Nationalmannschaft arbeitete und ich bei einem Verein, hatten wir ähnliche Ansichten über Entwicklung und Führung.


Soccerdonna: Du hast auch Gespräche mit Britta geführt, sie mal beim 1. FC Köln zu besuchen. Was erhoffst du dir von diesem grenzüberschreitenden Austausch?


Mari Savolainen: Lernen. Wenn ich andere Trainerinnen bei ihrer Arbeit beobachte, kann ich meine eigene Philosophie reflektieren. Da Finnland fussballtechnisch ein kleines Land ist, bin ich immer daran interessiert, verschiedene Perspektiven kennenzulernen und zu verstehen, wie andere an Taktik, Führung und Spielerentwicklung herangehen.


Soccerdonna: Apropos, wie würdest du deine eigene Trainingsphilosophie beschreiben?


Mari Savolainen: Für mich stehen Kommunikation und die Schaffung einer sicheren Umgebung im Mittelpunkt. Spielerinnen bringen ihre beste Leistung, wenn sie glücklich sind und sich wertgeschätzt fühlen. Mein Fokus liegt darauf, sowohl den Spielern als auch den Mitarbeitern dabei zu helfen, in ihren Rollen zu wachsen. Eine gute Umgebung führt zu gutem Fußball.


Soccerdonna: Du siehst dich selbst als zukünftige Cheftrainerin auf höchstem Niveau. Was fehlt dir noch auf diesem Weg?


Mari Savolainen: Es geht vor allem um Beziehungen. Die Leute sind oft positiv überrascht von meinem Lebenslauf, aber im Frauenfußball fehlen noch immer die Netzwerke, die nötig sind, um talentierte Trainerinnen mit Möglichkeiten im Ausland zusammenzubringen. Die Strukturen entwickeln sich, aber wir sind noch nicht ganz am Ziel.


Soccerdonna: Glaubst du, dass diese strukturelle Lücke in Finnland ebenso sichtbar ist?


Mari Savolainen: Ja, unsere Nationalmannschaft ist recht erfolgreich, ebenso wie die Jugendmannschaften, aber die heimische Liga entwickelt sich nicht so schnell wie andere. Wir erreichen mit unseren Vereinen nicht mehr die späteren Runden der Champions League und mit unserer Nationalmannschaft nicht mehr die späteren Runden der Europameisterschaft. Der Frauenfußball erlebt in ganz Europa einen enormen Aufschwung und Finnland muss aufholen, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen.


Soccerdonna: Die UEFA hat für diese Saison einen UEFA Women’s Europa Cup eingeführt. Ist das ein Schritt in die richtige Richtung?


Mari Savolainen: Auf jeden Fall. Es bietet kleineren Vereinen die Chance, international anzutreten und Geld zu verdienen. Da die Champions League von England, Frankreich, Spanien und Deutschland dominiert wird, ist ein weiterer europäischer Wettbewerb für kleinere Fußballnationen wirklich wertvoll.


Soccerdonna: Zumindest wechseln inzwischen mehr finnische Spielerinnen ins Ausland, oder?


Mari Savolainen: Das stimmt. Wir haben Spielerinnen in England, Deutschland, Schweden, Italien und den USA. Davon profitiert die A-Nationalmannschaft, aber die Frage ist, was in zehn Jahren passiert, wenn sich unsere Liga strukturell nicht weiterentwickelt.


Soccerdonna: Aus skandinavischer Sicht: Was zeichnet den Fußball in diesen Ländern aus?


Mari Savolainen: Unser kollektives Verständnis des Spiels ist unsere Stärke. Vielleicht haben wir nicht so viele Weltklasse-Einzelspieler, dafür sind wir aber hervorragende Teamplayer. Die taktische Disziplin in Skandinavien ist Weltklasse. Nehmen wir das Spiel zwischen BK Häcken und Hammarby IF DFF, den Nummern eins und zwei in der Damallsvenskan. Die defensive Organisation war unglaublich: Innerhalb von Sekunden standen sieben Spieler im Strafraum. Das ist ein Markenzeichen Skandinaviens.


Soccerdonna: Wie würdest du das derzeitige öffentliche Interesse am Frauenfußball in Finnland beschreiben?


Mari Savolainen: Es wächst. Die Spiele unserer Nationalmannschaft sind oft ausverkauft, besonders, wenn Stars wie Emma Koivisto oder Natalia Kuikka auf dem Platz stehen. Die Leute wollen sie live sehen. Doch diese Begeisterung spiegelt sich noch nicht in den Zuschauerzahlen unserer heimischen Liga wider. Daran müssen wir arbeiten.


Soccerdonna: Du hast auch als TV-Experte bei der Europameisterschaft und der vergangenen Weltmeisterschaft gearbeitet. Verändert die Analyse von Spielen deinen Blick als Trainerin?


Mari Savolainen: Auf jeden Fall. Man erkennt Muster im Verhalten von Nationen und Coaches, ihre Stärken und Schwächen. Dadurch habe ich auch einen breiteren Blick auf Führung gewonnen – es geht nicht nur um Taktik. Ein Beispiel ist Sarina Wiegman, die zeigt, dass Kommunikation und Vertrauen genauso entscheidend sein können wie Aufstellung und Strategie.


Soccerdonna: Du sprichst dabei oft über Repräsentation. Fühlst du eine besondere Verantwortung, wenn du im finnischen Fernsehen auftrittst?


Mari Savolainen: Ja, ich mache das nicht, um berühmt zu werden, sondern damit die Menschen sehen, dass Frauen über Fußball sprechen können. Ich möchte, dass junge Mädchen, die zuschauen, denken: „Das könnte mein Beruf sein.“ Als ich ein Kind war, hat es mein Leben verändert, zu sehen, wie 90.000 Menschen den Weltmeistertitel der USA bejubelten. Dieses Gefühl möchte ich jetzt anderen vermitteln.


Soccerdonna: Und schließlich, wenn wir uns in fünf Jahren wiedersehen, wo werden wir dich antreffen?


Mari Savolainen: Hoffentlich an der Seitenlinie eines Champions-League-Clubs in einer der europäischen Top-Ligen. Das ist mein Ziel und ich glaube fest daran, dass ich es erreichen kann.


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