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27.09.2010 - 16:12 Uhr | News | Quelle: Soccerdonna
Julia Simic: "Wir werden öffentlich wahrgenommen"

Soccerdonna.de: Frau Simic, viele Spielerinnen erzählen, dass Sie über ihre Brüder zum Fußball gekommen seien. War das bei Ihnen auch so?
Julia Simic: Irgendwie schon. Ich habe seit klein auf immer mit meinem zwei Jahre älteren Bruder Christopher gekickt. Aber unsere ganze Familie, vor allem unser Vater, ist fußballverrückt. Die Wochenenden haben wir als Kinder fast ausschließlich auf Fußballplätzen verbracht. Seit meinem sechsten Lebensjahr spiele ich im Verein.
Soccerdonna.de: Wie lange dauerte es, bis Sie besser waren als Ihr Bruder?
Julia Simic (lacht): Das dauerte schon einige Jahre. Mein Bruder ist auch ein guter Fußballer.
Soccerdonna.de: Hat es nie dumme Sprüche gegeben?
Julia Simic: Von der Familie und von Freunden nicht. Blöde Sprüche hat es aber öfter von männlichen Gegenspielern gegeben, weil ich ja lange mit Jungs in einer Mannschaft gespielt habe.
Soccerdonna.de: Bis zur B-Jugend mit einer Sondergenehmigung. Warum?
Julia Simic: Weil diese ab der D-Jugend vom Bayerischen Fußballverband und DFB gefordert wurde. Trotzdem würde ich allen fußballbegeisterten Mädchen diesen Weg empfehlen. Mädchen, die mit Jungs im Verein spielen, entwickeln sich besser und schneller. Das Spiel ist viel dynamischer, man wird als Mädchen mehr gefordert.
Soccerdonna.de: Werden solche Sondergenehmigungen oft erteilt, oder waren Sie eine Ausnahme?
Julia Simic: Das weiß ich nicht genau. Aber ich denke, es passiert immer öfter, weil die Verbände ja ein Interesse daran haben, dass sich Mädchen optimal entwickeln. Ich kann jedem Mädchen, das mal höherklassig spielen möchte, nur dazu raten, so lange wie möglich in einer Jungenmannschaft zu spielen, weil das Niveau dort in der Regel höher ist.
Soccerdonna.de: Sie tragen die Nummer zehn bei den Frauen des FC Bayern – das ist die Nummer von Arjen Robben, und früher gehörte sie Uli Hoeneß und Lothar Matthäus. Ist das für Sie eine Ehre?
Julia Simic: Ja, absolut. Die „Zehn“ ist meine Lieblingsnummer. Ich trage sie seit der E-Jugend auf dem Rücken. Mir ist bewusst, dass viele große Namen, auch bei Bayern München, diese Nummer getragen haben. Aber noch mehr gefällt mir die Tradition der „Zehn“: Mit ihr bringt man immer noch den klassischen Spielmacher in Verbindung. Deshalb bin ich stolz, dass ich diese Nummer tragen darf.
Soccerdonna.de: Sie gelten ja auch als technisch versiert. Ihr Trainer Thomas Wörle hat Sie mit Mehmet Scholl verglichen. Wo sehen Sie selbst Ihre größten Stärken?
Julia Simic: Meine Technik und meine Übersicht sind recht gut. Ich bin nicht die Größte und nicht die Schnellste. Um das zu kompensieren, muss ich besser als andere am Ball sein. Früher wurde mir oft nachgesagt, ich sei eine Schönspielerin. Das stimmt sicher nicht mehr. Ich kann mittlerweile auch dreckig spielen.
Soccerdonna.de: Sie wurden mal als eines der größten Talente in Deutschland bezeichnet. Trotzdem stagniert Ihre Entwicklung. Woran liegt das?
Julia Simic: Ich würde nicht sagen, dass ich stagniere. Ich sehe weiterhin eine kontinuierliche Vorwärtsentwicklung. Allerdings zeigt die Kurve nicht mehr so steil nach oben wie vor ein paar Jahren. Ein Grund ist wohl, dass ich mich selbst zu sehr unter Druck gesetzt habe. Ich wollte zum Beispiel unbedingt bei der WM im eigenen Land dabei sein. Das hat mich an der einen oder anderen Stelle gehemmt. Nun ist es so, dass die WM 2011 sehr wahrscheinlich ohne mich stattfinden wird. Damit habe ich mich inzwischen abgefunden. Ich konzentriere mich jetzt ausschließlich darauf, bei Bayern in jedem Training und in jedem Spiel 100 Prozent Leistung zu bringen. Alles andere kommt dann von alleine.
Soccerdonna.de: In dieser Saison kommen Sie nur schwer in Tritt. In den vergangenen Spielen wurden Sie nur eingewechselt. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Julia Simic: Ich bin eigentlich recht gut in die Saison gestartet, habe auch gleich im ersten Spiel in Herford getroffen. Dann haben wir intern jedoch ein paar Umstellungen vorgenommen, wodurch ich zuletzt zu weniger Einsatzminuten kam. Das war für mich natürlich keine einfache Situation. Denn ich trainiere gut und fühle mich topfit. Ich blicke aber positiv in die Zukunft.
Soccerdonna.de: Sie haben Ihren Vertrag 2009 um zwei Jahre bis 2011 verlängert, obwohl Sie damals ein lukratives Angebot des VfL Wolfsburg hatten. Haben Sie die Entscheidung schon bereut?
Julia Simic: Nein, auf keinen Fall. Ich bin im sechsten Jahr in München und fühle mich hier sehr wohl. Natürlich kann ich mit meiner derzeitigen Situation nicht zufrieden sein. Aber ich sehe sie als Herausforderung.
Soccerdonna.de: Wie wichtig ist Geld im Frauenfußball?
Julia Simic: Geld spielt eine immer wichtigere Rolle. Viele Bundesligaspielerinnen können mittlerweile von ihrem Gehalt leben. Sie können sich auf den Fußball konzentrieren. Das ist wichtig, weil es das Niveau im Frauenfußball weiter anhebt.
Soccerdonna.de: Wie sieht es bei Ihnen aus, gehen Sie nebenbei arbeiten?
Julia Simic: Nein, ich kann im Moment vom Fußball leben. Allerdings denke ich auch an die Zeit nach der Karriere: Deshalb studiere ich in München im dritten Semester Sportwissenschaften. Ich habe beim Bayerischen Fußballverband ein Praktikum absolviert und besitze den C-Lizenz-Trainerschein. Das ist die Einstiegsebene, darauf kann ich weitere Lizenzen aufbauen. Ich möchte auf jeden Fall auch später etwas im Sport machen.
Soccerdonna.de: Aber es gibt noch Spielerinnen, die neben dem Fußball arbeiten?
Julia Simic: Ja, vor allem die älteren Spielerinnen. Manche arbeiten sogar ganztags und kommen abends dann zum Training.
Soccerdonna.de: Wie sieht denn eine Trainingswoche beim FC Bayern aus?
Julia Simic: Montags, nach dem Wochenendspiel, arbeiten wir regenerativ. Dienstags und donnerstags trainieren wir zweimal – jeweils morgens und abends. Am Mittwoch steht Kraftarbeit oder Reha auf dem Programm, freitags ist das Abschlusstraining vor dem nächsten Spiel. In der Regel am Samstag reisen wir bei Auswärtsspielen an.
Soccerdonna.de: Mit dem Bus oder mit dem Flugzeug?
Julia Simic: Beides – mal mit dem Bus, mal mit dem Flugzeug.
Soccerdonna.de: Profitierten Sie vom Herrenbereich des FC Bayern, von der Infrastruktur, von der Professionalität, auch vom Geld?
Julia Simic: Ja, zunehmend. Ich bin im sechsten Jahr bei Bayern. In den ersten beiden Jahren sind wir kaum beachtet worden. Das hat sich gewandelt. Zum Beispiel waren einige Mädels von uns in den Werbespot für die Kampagne WASH United eingebunden, die weltweiten Zugang zu sauberem Trinkwasser fordert. Vormittags trainieren wir mittlerweile wie die Herren an der Säbener Straße.
Soccerdonna.de: Kennen Sie als Bayern-Spielerin die Herren Müller, Lahm oder Ribery persönlich, reden Sie mit denen?
Julia Simic: Holger Badstuber kenne ich recht gut. Mit ihm war ich zusammen in der elften Klasse. Ansonsten laufen wir den Profis aber kaum über den Weg, weil wir ja draußen im Münchner Vorort Aschheim spielen. Mehr Kontakt haben wir zu den Amateuren.
Soccerdonna.de: Was möchten Sie mit dem FC Bayern in dieser Saison erreichen?
Julia Simic: Die Liga ist qualitativ zusammengerückt. Es gibt keine Mannschaft mehr, die du mit 50 Prozent Aufwand locker schlägst. Auch die Spitzenteams müssen immer alles geben, sonst stolpern sie. Das haben wir an den ersten Spieltagen schon gesehen. Wir möchten vorne angreifen. Und im DFB-Pokal würden wir gerne das Finale erreichen. Denn das Pokalfinale wird live im Fernsehen übertragen, mit jetzt nur noch drei Siegen kann man da am einfachsten auf sich aufmerksam machen.
Soccerdonna.de: Die ersten beiden Heimspiele hatte der FC Bayern gegen die beiden Top-Favoriten Potsdam und Duisburg – und beide verloren. Es sieht so aus, als fehlt Ihnen doch noch etwas für ganz oben.
Julia Simic: Gegen Potsdam haben wir zu Recht verloren. Gegen Duisburg lief es unglücklich. Wir haben vor der Saison mit Mandy Islacker, Melanie Behringer und Bianca Rech drei wichtige Stützen verloren. Trotzdem sind wir stark genug, das aufzufangen. Ich höre oft, wir seien zu jung. Das kann ich nicht ganz nachvollziehen...
Soccerdonna.de: ... nur Frankfurt, Wolfsburg und Duisburg haben einen höheren Altersdurchschnitt als Bayern.
Julia Simic: Richtig. Wir haben ein paar junge Talente wie Carina Wenninger und Lena Lotzen, aber auch ganz erfahrene Spielerinnen wie zum Beispiel Sandra de Pol, Petra Wimbersky und Nina Aigner. Die Mischung stimmt, und die Stimmung im Team ist sehr gut.
Soccerdonna.de: Wer greift in den Titelkampf ein?
Julia Simic: Die Favoriten heißen natürlich wieder Turbine Potsdam, FCR Duisburg und der 1. FFC Frankfurt. Dazu können der VfL Wolfsburg und hoffentlich auch wir ein Wörtchen mitreden. Ich erwarte eine sehr spannende Saison.
Soccerdonna.de: Davon kann der Sport nur profitieren. Wie bewerten Sie denn das öffentliche Interesse am Frauenfußball?
Julia Simic: Deutlich steigend. Wir werden öffentlich wahrgenommen. Länderspiele, sogar Freundschaftsspiele, werden live übertragen. Es schalten schon mittags ein paar Millionen Menschen den Fernseher ein, um Frauenfußball zu sehen. Das ist eine sehr positive Entwicklung. Unser Sport ist gut zu verkaufen, was auch an den klasse Typen liegt, die kicken. Das sind Sympathieträger. Durch die WM im nächsten Jahr haben wir die Möglichkeit, noch einen weiteren ganz großen Schritt nach vorne zu machen.
Soccerdonna.de: Wie kann das gelingen?
Julia Simic: Wir müssen sehen, dass wir nachhaltig das Interesse am Frauenfußball hoch halten. Wichtig wären regelmäßige Zusammenfassungen von Bundesligaspielen zum Beispiel in der Sportschau. Es wird dort über die 3. Liga berichtet, aber unsere Ergebnisse werden nicht mal genannt. Natürlich ist nicht jedes Bundesligaspiel eine Werbung für den Frauenfußball. Aber man kann von jedem Spiel Höhepunkte zusammenschneiden. Das gelingt bei schlechten Männerspielen ja auch. Außerdem wäre es wichtig, dass viel mehr Fußballfans von DFB-TV erfahren. Dort gibt es an jedem Spieltag das Top-Match live und kostenfrei zu sehen – zudem Höhepunkte von einigen anderen Bundesligaspielen.
Soccerdonna.de: Was erwarten Sie sportlich von der WM, wohin wird sich der Frauenfußball entwickeln?
Julia Simic: Er wird in den nächsten Jahren insbesondere taktisch weitere, sehr große Fortschritte machen. Wir sollten uns auch in Zukunft stark am Männerfußball orientieren. Was wir allerdings behalten sollten, ist die Fairness. Frauenfußball ist ein sehr fairer Sport. Das sollte so bleiben.
Soccerdonna.de: Frau Simic, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen bei Ihren Zielen viel Erfolg.
Das Gespräch führte Christoph Mulitze.
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