RB-Fußballchefin Odebrecht: «Wir holen keine Alexandra Popp»


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RB-Fußballchefin Odebrecht: «Wir holen keine Alexandra Popp» |  Startbeitrag 13.04.2023 - 11:34
  Prytz2
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FC Hansa Rostock

Die frühere Weltmeisterin Viola Odebrecht ist seit fast vier Jahren für den Frauenfußball bei RB Leipzig verantwortlich. Am Sonntag (18.30 Uhr/Sky) steht für den Zweitligisten mit dem Pokal-Halbfinale gegen den SC Freiburg das bisher größte Spiel an. Odebrecht spricht im dpa-Interview über den fast fixen Aufstieg, die Ambitionen in der Bundesliga und den Mindestlohn für Fußballerinnen.


Tom Bachmann: RB Leipzig hat die Erstligisten Frankfurt und Essen besiegt. Mit welchen Hoffnungen und mit welchen Ambitionen geht RB das Halbfinale gegen Freiburg an?


Viola Odebrecht: «Genauso wie wir das Spiel gegen Frankfurt im Achtelfinale und das Viertelfinale gegen Essen angegangen sind. Im Endeffekt wissen wir, dass wir nicht chancenlos sind, auch wenn Freiburg der Favorit ist. Wir werden alles geben und es herrscht eine positive Anspannung. Die Spielerinnen freuen sich auf das Halbfinale, denn kaum jemand stand bereits dort.»


Tom Bachmann: Der Ligenunterschied ist klar, den sieht man auf dem Papier. Aber ein Klassenunterschied muss das ja nicht zwangsläufig sein.


Viola Odebrecht: «Ich hoffe natürlich, dass man sportlich keinen Klassenunterschied sieht und wir unabhängig des Ausgangs mithalten können. Ich glaube nicht, dass Freiburg anreisen und sagen wird, dass sie uns deutlich schlagen werden. Dafür waren die letzten beiden Pokalrunden einfach zu gut von uns.»


Tom Bachmann: In der Liga ist Leipzig souverän vorn. Konkurrent Gütersloh spielt am Sonntagmorgen, man könnte sogar als feststehender Aufsteiger in das Halbfinale gehen. Motiviert das zusätzlich?


Viola Odebrecht: «Ich glaube nicht, dass der Zeitpunkt unbedingt eine Rolle spielt. Das Spiel gegen Freiburg findet unter einer anderen Anspannung statt. In der Liga wird ein Stück weit von uns erwartet, dass wir gewinnen. Am Sonntag wird es nicht so sein und im Endeffekt freuen wir uns darauf. Was den Aufstieg betrifft, denke ich, dass wir dies in den nächsten zwei, drei Spielen schaffen werden und nächstes Jahr in der Bundesliga spielen.»


Tom Bachmann: Das Halbfinale findet in Leipzig statt. Zudem wird eine Zusatztribüne aufgebaut, weil das Spiel innerhalb eines Tages ausverkauft war. Ist es ein Testlauf für die nächste Saison?


Viola Odebrecht: «Definitiv. Das nehmen alle Abteilungen ein Stück weit als Richtwert für die neue Saison. Nicht nur was das Stadion angeht, sondern auch die mobile Tribüne und die veränderten Fernsehanforderungen. Das kann bereits ein Startschuss für die neue Saison sein.»


Tom Bachmann: Momentan spielen die RB-Fußballerinnen in Markranstädt südwestlich von Leipzig vor 300 Zuschauern. Ist der Schritt rein in die Stadt auch ein Zeichen der Anerkennung innerhalb des Clubs?


Viola Odebrecht: «Das würde ich so nicht sagen. Es geht tatsächlich um das Gesehenwerden. Viele Zuschauende waren beim Viertelfinale zum ersten Mal beim Frauenfußball. Wenn wir solche Leistungen wie gegen Essen zeigen, dann ist das eine ganz andere Wahrnehmung. Viele haben nicht unbedingt Berührungspunkte mit dem Frauenfußball, da hilft ein zentralerer Spielort. Da können die Fans auch mal spontan vorbeikommen.»


Tom Bachmann: In der Bundesliga dominieren Bayern München und der VfL Wolfsburg, die altbekannten Frauenfußballvereine verschwinden immer mehr. Ist das gut für die Entwicklung?


Viola Odebrecht: «Ich bin seit 1998 in der Bundesliga, sowohl als Spielerin als auch in anderen Positionen. Erst gab es die reinen Frauenfußballvereine, anschließend kamen die Lizenzvereine dazu. Die haben den Frauenfußball zunächst ein wenig stiefmütterlich behandelt. Deswegen ist es schön, dass sich der Frauenfußball da selbstständig herausgekämpft hat. Die Qualität ist besser, die Spielerinnen sind lauter. Dieses Gesehenwerden hat dazu geführt, dass viele Lizenzvereine den Mehrwert für sich erkannt haben.»


Tom Bachmann: Der entscheidende Push kam durch die Lizenzvereine?


Viola Odebrecht: «Das kann man so sagen. Ohne sie und ohne den DFB wären wir noch nicht da, wo wir jetzt sind. Es ist gut, dass sie die Unterstützung leisten, die der Sport verdient hat und es nicht nur als Nebenprodukt sehen.»


Tom Bachmann: Wie lautet denn der Plan nach dem Aufstieg?


Viola Odebrecht: «Grundsätzlich wollen wir uns in den ersten zwei Jahren in der Bundesliga etablieren, den Klassenerhalt schaffen. Natürlich haben wir einen anderen Namen als vergangene Aufsteiger, dennoch wird es nicht einfach. Wir wollen organisch wachsen und nicht den ganzen Kader austauschen. Perspektivisch verfolgen wir das Ziel, um die Qualifikation für die Champions League mitzuspielen.»


Tom Bachmann: Es wird natürlich wie bei den Männern Stimmen geben, die sagen, da kommt jetzt RB Leipzig mit richtig viel Geld und spielt gleich oben mit.


Viola Odebrecht: «Es ist immer einfach, sich von außen ein Bild zu machen. Bei den Männern hat das damals gut funktioniert, weil die Spieler gute Leistungen gebracht haben. Da kommen dann natürlich Kritiker und schimpfen, haben aber keine Ahnung von den internen Prozessen. Wir werden Spielerinnen verpflichten, die schon Bundesliga gespielt haben. Aber wir holen keine Alexandra Popp oder Pernille Harder.»


Tom Bachmann: Das Budget muss für die Bundesliga erhöht werden. Die Kaderkosten lagen laut DFB-Saisonreport zuletzt bei 1,6 Millionen Euro pro Saison. In welchem Rahmen bewegt sich RB Leipzig da, eine Verdopplung, Verdreifachung?


Viola Odebrecht: «Generell sprechen wir nicht über konkrete Zahlen. Aber man muss das Budget für die kommende Spielzeit anheben. Die Spielerinnen werden in der ersten Liga mehr verdienen als in der zweiten, das ist ganz normal. Extreme Sprünge wird es dennoch nicht geben, auch keine Verdopplung des Budgets.»


Tom Bachmann: Der Frauenfußball erlebt gerade - mal wieder - einen Boom. Nehmen Sie das wahr und was muss getan werden, damit das nachhaltig ist?


Viola Odebrecht: «Das nehmen wir definitiv wahr. Wir merken, dass die Akzeptanz in der Gesellschaft eine größere geworden ist. Die Kurve ging bereits seit längerem nach oben, auch wenn es ein paar Jahre gab, in denen die Entwicklung stagnierte. Nach Olympia 2016 haben die Verantwortlichen und Beteiligten ein Stück weit aufgehört, daran zu arbeiten, was nicht gut war. Man muss den Frauenfußball als eine Art Start-up sehen. Irgendwann sollte es ein Selbstläufer sein, aber ich hoffe, dass es in den nächsten zwei bis drei Jahren noch als Investment gesehen wird.»


Tom Bachmann: Es gibt mittlerweile Berater, die nur Klientinnen haben. Ist das gut für die Entwicklung und merkt man das auch an den Gehaltsforderungen?


Viola Odebrecht: «Die Forderungen haben sich durchaus nach oben bewegt, was ich befürworte. Früher habe ich für einen Apfel und ein Ei gespielt. Es ist positiv, dass die Spielerinnen jetzt bessere Gehälter bekommen. Man muss andere Summen hinlegen, um gute Spielerinnen zu bekommen. In unserem Kader haben fast alle einen Berater. Das zeigt, dass viele Stakeholder einen Wert erkennen. Im Endeffekt geht es darum, dass die Spielerinnen idealerweise von ihrem Gehalt leben können und nicht noch einen Nebenjob brauchen.»


Tom Bachmann: Braucht es das Thema Mindestlohn noch, sollte es eine Verpflichtung geben?


Viola Odebrecht: «Wenn ich die aktuelle Entwicklung im Frauenfußball sehe, geht es dahin, dass in ein oder zwei Jahren in der Bundesliga niemand mehr unter Mindestlohn spielen wird.»


Tom Bachmann: Wann gibt es das erste Pflichtspiel der RB-Fußballerinnen in der Arena?


Viola Odebrecht: «Nächste Saison. Wir hoffen natürlich dann, wenn wir das eine oder andere Highlight-Spiel haben und 10 000 oder 15 000 Leute aus dem Leipziger Raum ins Stadion kommen. Das Halbfinale gegen Freiburg spielen wir absichtlich am Cottaweg. Da kennen wir die Abläufe, die Atmosphäre. Wir rechnen uns Chancen aus, ins Finale einzuziehen.»

RB-Fußballchefin Odebrecht: «Wir holen keine Alexandra Popp»  | #1 13.04.2023 - 11:58
Reisszweck
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Danke für das Interview!

Bin super gespannt wie es letztendlich aussieht, wenn RB in die Bundesliga aufsteigt.
Dass keine Spielerin à la Popp geholt wird, ist das eine. Aber ob sich Vereine wie der SC Freiburg, Hoffenheim oder auch die Eintracht um ihre Spielerinnen sorgen müssen, dass ein dritter deutscher Verein mit mehr Geld um die Ecke kommt. Wir werden sehen.  
RB-Fußballchefin Odebrecht: «Wir holen keine Alexandra Popp»  | #2 17.04.2023 - 11:45
Lokutus
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SGS Essen
Es ehrt die Leipziger, wenn sie eine Aussage in der Art treffen, dass Spielerinnen wie eine Alexandra Popp nicht geholt werden sollen. Das war aber schon mal anders in Leipzig.

Denn begonnen hatte der Weg der Leipziger Frauen-Mannschaft 2016, wie bei den Männern, mit Querelen und Protesten. In einer Spielgemeinschaft mit dem Leipziger FC 07 (oder einer geschenkten Antrittsgenehmigung) begann RB nicht, wie angekündigt, mit Jugendspielerinnen in der sächsischen Landesliga, sondern trat mit dazugekauften, ehemaligen Zweitligaspielerinnen an. Daraufhin gaben die übrigen Liga-Teilnehmer eine Protesterklärung ab. Der Bischofswerdaer FV boykottierte gar und trat aus Protest nicht an.

Der Neuling wurde aus dem Pokal ausgeschlossen, musste sich dazu bereit erklären, Auflagen zu erfüllen, eine gewisse Anzahl an Jugendspielerinnen einzusetzen und Ligaspiele zu wiederholen. Zwar betonte Ex-RB-Boss Oliver Mintzlaff bereits 2017: "Entweder wir machen Frauenfußball richtig oder wir lassen es. Halbgas ist nicht die Philosophie unseres Vereins." Doch es dauerte dennoch einige Jahre, bis das Projekt richtig Fahrt aufnahm und auch im Klub an Wichtigkeit gewann.

Heute versucht man in Leipzig zu verstehen, warum dem Club ligaweit, wenn nicht sogar bundesweit, soviel Antipathie entgegen schlägt. Solche Aktionen mit der Übernahme von bestehenden Antrittsrechten anderer Vereine bestärken allerdings nur die Gegner des Leipziger Modells. Da hilft es auch nichts, wenn man ankündigt, mit jungen und entwickelbaren Spielerinnen anzutreten. Stuttgart und Hertha BSC begeben sich ja gerade auf den gleichen Weg, Frankfurt hat es bereits vorgemacht.

Wie es anders gehen kann sieht man an Dortmund oder Schalke. Nachhaltiger und fairer ist der Weg von unten heraus in jedem Fall. Und auch dort werden keine Profis "gekauft", auch wenn der Zulauf bei der Strahlkraft dieser beiden Clubs erheblich höher ist.

Vielleicht muss die Frauen Bundesliga erst noch viel mehr rote Zahlen schreiben, bevor man schlau wird und auf sinnvolles Wachstum setzt. So wird der Frauenfußball genauso kaputtvermarktet, wie es bei den Herren schon lange der Fall ist. -Bundesliga ohne kleine Vereine ?
Nein, ein kleiner Essener Verein leistet heftigen Widerstand-
RB-Fußballchefin Odebrecht: «Wir holen keine Alexandra Popp»  | #3 17.04.2023 - 18:57
Marroe
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Borussia Dortmund
Naja,ob die Aussage bezüglich "Wir holen keine Popp" nicht nur darauf beruht dass man sich hier eine Spielerin gesucht hat die mit Sicherheit auch nicht zu so einem Verein wechseln würde (als BVB Fan) ist eine andere Sache. Irgendwie kann ich den Aussagen keinen Glauben schenken wenn man betrachtet wie man bei den Männern vorgegangen ist und man jetzt schon eine Stammkraft der SGS abwirbt. Außerdem wird die Aussage mit wir verdoppeln das Budget nicht schon richtig sein, aber auch ohne Verdoppelung wird das Budget wahrscheinlich nach Wolfsburg, Bayern und Frankfurt das vierthöchste sein, wenn man sich nicht sogar vor einem oder mehreren der 3 Vereine einordnen wird.
RB-Fußballchefin Odebrecht: «Wir holen keine Alexandra Popp»  | #4  18.04.2023 - 08:28
Reisszweck
Beiträge: 34
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So, da haben wir den nächsten Transfer: Sandra Starke wechselt nach ihrem kurzen Gastspiel bei den Red Stars zu RB. Zugegebenermaßen alles andere als Stammkraft in Wolfsburg, davor jedoch etablierte Bundesligaspielerin. Für Leipzig ganz bestimmt ein klasse Transfer. Freue mich sie wieder häufiger spielen zu sehen.

Zitat
Außerdem wird die Aussage mit wir verdoppeln das Budget nicht schon richtig sein, aber auch ohne Verdoppelung wird das Budget wahrscheinlich nach Wolfsburg, Bayern und Frankfurt das vierthöchste sein, wenn man sich nicht sogar vor einem oder mehreren der 3 Vereine einordnen wird.

Gemessen an Sandra Starke und Nina Räcke siedelt sich RB wohl wirklich auf Ebene TSG und SGE direkt hinter den großen Zweien an.
Mal schauen wo es für die anderen VfL-Abgänge hingeht. Pauline Bremer hat ja angeblich schon im Januar bei einem bislang nicht genannten Verein unterschrieben und bei Rebecka Blomqvist ist zumindest der Allgemeinheit noch nichts weiteres bekannt. Da könnte ich mir grundsätzlich Frankfurt, aber unter Umständen auch Hoffenheim vorstellen. Vielleicht ist Leipzig zukünfitg immer dazu zu zählen.


Beitrag bearbeitet von Reisszweck, 18.04.23 - 08:38
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